1951 - 86
die fröhliche Landarbeiterin
könnte man Namen übersetzen, weibliche
Landwirtschaftshelferin wäre zwar richtig, aber am Thema vorbei,
zu wenig "italienisch", nicht locker, lachend, laut, wie
das Lied, das dem Auto den Namen gab. "oh, campagnola bella,
tu sei la reginella .. " - Reginella Campagnola.
Ein langes Leben hatte die Campagnola. Erfolgreich
verkauft wurde sie aber nur in den ersten zehn Jahren. Italien brauchte
für seine Behörden und für das Militär Autos,
die auf allen Strassen fahren konnten. Und Anfang der Fünfziger
war in weiten Gebieten Italiens kein Wohlstand anzutreffen, es gab
mehr triste, arme und einsame Gegenden als florierende Wirtschaftsgebiete
und entsprechend mehr schlechte als gute Strassen.
Fiat Campagnola 1951 - 1,9 ltr, 53 PS bei 3700 U/mim
Polizei (Carabinieri) , Strassenpolizei (Polizia
Stradale) und Stadtpolizei sowie Strassenbaubehörden, Kommunen,
Feuerwehren und nätürlich das Militär waren die Hauptkunden.
Die namentlich vorgesehene Verwendung in der Landwirtschaft blieb
eher ein Stiefkind. Die meisten Bauern konnten sich gar kein Fahrzeug
leisten, ein so teures Vehikel erst recht nicht. Einen Traktor ja,
einen der robusten 1-Tonner Fiat
1100 Pritschenwagen, ja das konnte man brauchen. Eine Campagnola
war kein Traktor und kein richtiger Transporter ... also wozu ?
Campagnola 1952 - Werksfoto
Auch in Yugoslawien, wo die Camapgnola in Lizenz
gebaut wurde, war sie häufg anzutreffen. In allen andern Ländern
eher selten.
Konkurrenz gab es - zumindest in Italien - wenig, Alfa Romeo hatte
zwar ein ähnliches Auto im Angebot, das aber nur kurze Zeit
gebaut wurde. Hotchkiss in Frankreich und Ebro in Spanien bauten
den US-Jeep in Lizenz, und die Briten hatten ihren Land-Rover sowie
Austin Gipsy und Morris Champ. - Erst ab 1955 entwickelten die Deutschen
wieder Geländewagen (Goliath, Porsche und DKW Munga), ab Anfang
der Sechziger gab es den Haflinger von Steyr-Puch. Ende der Fünfziger
waren die meisten Geländewagen in Europa US-Jeeps - Kriegsrelikte
aus USA und importierte Nachfolger - und Land Rover.
Die Japaner bauten zwar auch schon in den Fünfzigern Geländewagen
(Mitsubishi z.B. den Jeep in Lizenz, Toyota ab 1955 den Land Cruiser),
und kamen in den Sechzigern mit ihren kräftigen, robusten Autos
auf den internationalen Markt (Land Cruiser, Nissan Patrol - in
Asien, USA und Brasilien), aber in Europa wurden sie erst Anfang
der Siebziger Jahre spürbar und hatten mit den kleinen aber
sehr robusten Suzukis (LJ, SJ) Anfang der Achtziger Jahre großen
Anteil an der aufkommenden Geländewagen-Welle. Die Europäer,
auch Fiat, verschliefen diese Jahre ... Erst Puch/Mercedes, Range
Rover und Land Rover waren die wenigen Antworten in den Siebzigern
Fiat Campagnola II - 1974 - 2 ltr., 80 PS
Mit der zweiten Campagnola
(ab 1974 bis ca. 1986) versuchte Fiat zwar ihren neu entwickelten
Geländewagen auch am "privaten" Markt zu etablieren,
waren aber wenig erfolgreich, obwohl sie technisch modern war (Einzelradaufhängung
vorn und hinten, drehmomentstarker Motor). Aber sie war schnell
als unzuverlässig verrufen, leider zu recht ...
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Campagnola
und A.R. 51
Campagnola
A und A.R. 55
Campagnola
A, B, C u. A.R. 59
Campagnola
II
Prototyp der Campagnola
noch andere Motorhaube
Militärversion A.R. 51
bei Erprobungsfahrten
Fiat Campagnola A ab 1955
Alfa Romeo Matta A.R.51 / 1900
die einzige italienische Konkurrenz.
1951 und 52: 2.205 Stück
1884 ccm, 65 PS bei 4400 U/min
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1951 - 1955
Fiat Campagnola
Auf der Lanwirtschftsaustellung 1951 in Bari
wurde die Fiat Campagnola (Fiat Typ 1101) zum ersten Mal vorgestellt.
Premiere 1951 in Bari - Fiat Campagnola 1,9 ltr. 53 PS - 100
km/h
Eines der auffallendsten äußeren Details
ist die Türe, die um 180 Grad geschwenkt und an der hinteren
Seitenand arretiert werden konnte.
Als Motor kam eine hubvergrößerte
Variante des Motors des ein Jahr vorher neu auf den Markt gekommenen
Fiat 1400 zum Einsatz. Aus 1.901 ccm
gab der Motor (Typ 105) in der Campagnola 53 PS bei 3700 U/min ab.
Derselbe Motor trieb ab 1952 auch den luxuriösen Fiat
1900 an, da jedoch mit adäquateren 60 PS.
zuschaltbarer Allradantrieb, Zwischengetriebe
und antriebsunabhängiger Nebenantrieb
Bei Geländewagen waren
bis in die 80er Jahre vordere Starrachsen der technische Standard,
um so beachtenswerter ist, dass Fiat seine Campagnola bereits 1951
mit vorderer Einzelradaufhängung versah. - Und wie einfach!
Es war dieselbe Aufhängung, die beim Fiat
1100B seit 1948 im Einsatz war. Dante Giacosa hatte mit seiner
frühen Vorliebe für Frontantriebsfahrzeuge bereits 1946
eine entsprechende Konstruktion fertig und diese - allerdings ohne
den Antrieb - 1948 in den Fiat 1100B übernommen. In der Campagnola
fand sie - mit Antrieb - ihre Bestimmung.
Die Hinterachse war dieselbe wie beim 1-Tonner Fiat
1100 ELR.
Die Campagnola gab es als Zivil-Ausführung
(mit Heckklappe) und als (hinten geschlossene) Militär- bzw
Polizei-Ausführung ("A.R. 51", Fiat Typ 1101.200)
mit leicht unterschiedlichen Abmessungen (Länge, Breite, Überhang)
und ohne den Nebenantrieb. Auch hatte die erste Militärversion
keine festen Steckfenster, sondern sie waren wie die Heckfenster
aus Kunststoff und Planenstoff, also mehr Teil des Verdecks als
Teil der Karosserie.
Bem. ("A.R." = Autovettura di Ricognizione modello 1951)
Fiat Campagnola 1953
Zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit wurde
aus dem 1,9 ltr Benzin-Motor ein Diesel-Motor mit Vorkammer nach
dem Ricardo-Prinzip entwickelt (Fiat Typ 305), der zunächst
im Lkw Fiat 615 N (1952) und ab 1953
in der Campagnola sowie in der Limousine Fiat
1400 D zum Einsatz kam.
Fiat 615 N - ab 1952 mit dem selben Dieselmotor
Der 1,9 ltr. Dieselmotor blieb in der Campagnola
bis 1968 in Serie. Der Ur-Motor mit 1,9 ltr Benzin
Typ 105 sogar bis 1973 ! Ein wahrlich langes Leben !
Mit der Einführung des Dieselmotors (1953)
gingen auch die ersten Modifikationen (für alle Modelle) in
Serie.
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Prospekt 1952
Druck Nr. 1107- Gros Monti
Fiat Typ 105: 1,9 ltr 4-Zylinder
für die Campagnola mit 53 PS
ab 1953 auch mit Dieselmotor :
aus Fiat - Sammel-Prospekt 1953
Fiat Campagnola Diesel :
1,9 ltr. - 40 PS bei 3200 U/min
85 km/h
Fiat Typ 305
der Dieselmotor mit 40 PS
- hier mit der Pkw-Ölwanne
aus dem Fiat 1400 Diesel
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1955 - 1960
Fiat Campagnola A
Mit technischen Verbesserungen an der Elektrik
und höherer Nutzlast, aber vor allem mit stärkeren Motoren
wurde aus der Campagnola die Campagnola "A"
Fiat Campanola A - 1955 - 63 PS (CUNA) bei 4000 U/min - 116
km/h
Die Militär- und Polizeiversion (A.R. 55)
hatte eine gedrosselte Leistung von 56 PS. Die Polizeifahrzeuge
wurden mit zusätzlicher Sicherheitsausrüstung (u.a Reifen
6.50-16 "Sicurezza" und Scheinwerfer-Gittern) ausgerüstet.
Die Dieselversion (Typ 305 A.007, später
305 B.007) leistete nun 43 PS bei 3200 U/min, was für ca. 90
km/h Höchstgeschwindigkeit ausreichte.
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click the pix !
Campagnola A.R. 55 B
zur Erprobung beim
österreichischen Bundesheer
Campagnola "A"
im "Röntgenbild" mit Benzinmotor
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1960 - 73
Fiat Campagnola A, B und C
Mit leicht geänderter Karosserie (etws länger
und breiter), weiteren technischen Verbesserungen, auch wieder an
der Elektrik (warum wohl ?), und nochmals verbesserter Motorleistung
beim Diesel wurde 1960 die Campagnola als Typ "A - 2. Version"
(Benziner) und die Campagnola "B" (Diesel) vorgestellt.
Die Militär- und Polizeiversion wurde bereits
ein Jahr vorher unter dem neuen Namen "A.R. 59" in Serie
genommen. Die AR 59 hatte nun eine 24V-Anlage und die gleiche Leistung
wie die (zivile) Campagnla A.
Fiat 1101 B.200 - "A.R. 59" - in Militärversion
Der Dieselmotor Typ 305 D der neuen Campagnola
"B" kam nun auf 51 PS (CUNA) bzw. 47 PS (DIN) bei 3800
U/min (ca 95 km/h).
Die Campagnola "A" und "A.R. 59" mit Benzinmotor
blieben bei 63 PS (CUNA) bzw. 61 PS (DIN). Motor 105.007 ("A")
bzw. 105.017 (24 V - "A.R. 59").
Die meisten der im Einsatz befindlichen A.R. 51 und A.R.55 wurden
mit dem neuen Motor umgerüstet (Motor 107.055 = 12 V "Ersatzteil"-Version).
1968 ging der 1,9 ltr Dieselmotor in Ruhestand.
Er wurde durch den modernen Motor des Leicht-Lkw Fiat 241 TN (Typ
237 A.007) ersetzt. Der Hubraum blieb etwa gleich (B/H 85/83,5mm
= 1895 ccm) ebenso die Leistung mit 47 PS (DIN*) bzw. 51 PS (CUNA*).
Das Fahrzeug mit dem neuen Motor hieß Campagnola "C".
*) die Leistungen nach
DIN (deutsche Norm) und CUNA (italienische Norm) werden in techn.
Angaben oft ohne Erläuterung wechselnd angegeben, da sich Angaben
nach DIN in ganz Europa mehr und mehr durchsetzten. Die Differenz
resultiert aus der unterschiedlichen Methode der Messung der Motor-Leistung:
DIN : Leistung mit allen Nebenaggregaten (Lüfter, Lichtmaschine
usw, mit Luftfilter und Fahrzeug-Abgasanlage)
CUNA: mit Nebenaggregaten, aber ohne Luftfilter und Auspuffanlage
SAE : ohne Nebenaggregate, ohne Luftfilter und ohne Auspuffanlage.
Die letzten Exemplare der Campagola "B"
sowie die Campagnola "C" hatten, wie die Militär-/Polizei-Ausführung,
eine 24V-Anlage.
Fiat Campagnola A.R. 59 - Polizei
Prospekt Campagnola "A" und "C"
aus 1972 - englisch - Nr. 2818 - Roggero&Tortia
Bis 1973 wurden von der Campagnola 7.783 Diesel
und 31.293 Benziner, also über 39.000 Stück gebaut.
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1973 schon fast ein Fossil ...
nur Blech, Hebel und Sitze ...
wenig wirkliche Änderungen
seit 1951 ...
Militärversion A.R. 59
Der 1,9 ltr Benzinmotor
nach 22 Jahren Bauzeit
ab 1968: Dieselmotor Typ 237
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