Fiat stand im Jahr 1919 gut da.
Die Militäraufträge im 1. Weltkrieg hatten Fiat viel Geld in die Kasse gespült und die Produktionskapazitäten waren erheblich erweitert worden.
Die Rekordmarke von über 19.000 Fahrzeugen im Jahr 1917, davon über 17.000 Nutzfahrzeuge für das Militär, wurde aber erst im Jahr 1925 übertroffen.
Es wurden nicht nur neue marktgerechte Modelle entwickelt, sondern auch hochtrabende Pläne wie der 12-Zylinder-"Superfiat" realisiert.
Fiat 'Superfiat' - V 12 - 1921 - siehe unten
Außerdem wurde 1919 der bereits während des Weltkriegs, wegen des Arbeitskräftemangels in der Landwirtschaft, mit hoher Priorität entwickelte Fiat - Traktor mit Erfolg auf den Markt gebracht. - Landmaschinen sind heute noch eines der Standbeine der Fiat S.p.A, wenn auch nicht mehr unter dem Namen Fiat, sondern Case-New Holland (incl. Steyr).
Bevor die Neuentwicklungen auf den Markt kamen, wurden die bekannten Fahrzeuge weiter gebaut.
Der Typ 70 (leichter Pkw) bis 1920,
der Typ Fiat Tipo 1T (Taxi und Lieferwagen) bis 1921.
Auch die im Export erfolgreichen Typen Fiat Tipo 2 und Fiat Tipo 3 blieben bis 1920 im Programm.
Der erste neue Typ, der Fiat 501, erschien 1919, im selben Jahr der Fiat 505 und Fiat 510.
Während der Absatz von Pkw wieder langsam an Fahrt gewann, brach die Nfz-Produktion erwartungsgemäß ein.
Der Nutzfahrzeugbedarf war durch die vielen nicht mehr benötigten Militärfahrzeuge gedeckt, die noch vorhandenen Aufträge für 1919 wurden noch produziert (über 10.000), danach lag die Produktion von Nutzfahrzeugen bis 1933 zwischen 1.000 und 3.000 Stück. Nur die kurze Zeit der Erholung vor der Wirtschaftskrise brachte 1928 eine Produktionssteigerung auf über 5.000 Stück.
Diese fallenden Produktionszahlen der Nutzfahrzeug brachte zwar die Möglichkeit, die Pkw-Produktion entsprechend zu steigern, aber der Markt fehlte. Italien war ein relativ armes Agrarland und Europa mußte auch erst die Folgen des ersten Weltkriegs bewältigen.
In den Zwanziger Jahren erholten sich zwar die Absatzmärkte, aber nach der Wirtschaftskrise 1929 waren 1930 bis 1932 wieder erhebliche Absatzeinbrüche hinzunehmen.
Siehe dazu Produktionszahlen in der Tabelle Produktion 1920 - 1949
Aber es war schon rechtzeitig, ab 1916, eine neue, effiziente Produktionsstätte konzipiert, die ab 1923 den Betrieb aufnahm.
Dieses neue "Werk Lingotto" erregte weltweit Aufsehen. Durch schraubenförmige Fahrbahnen an den beiden Gebäudeenden, wie in heutigen Parkhäusern, wurden die einzelnen Ebenen miteinader verbunden. Das fertige Fahrzeug konnte dann sofort auf der Teststrecke mit überhöhten Kurven am Dach des Gebäudes die ersten Runden drehen.
Lingotto liegt heute in der Mitte Turins und ist ein Kultur- und Kongresshaus mit Shoppingmeile, Gastronomie und Hotel für viele Anlässe.
Der Fiat 501 war der Nachfolger des ohnhin recht modernen Fiat Typ 70.
Der weiterentwickelte neue Motor Typ 101 war wie der Vorgänger
Typ 40 ein Langhuber mit seitlichen Ventilen.
MIt weniger Hubraum (1,5 ltr) aber noch höherer Enddrehzahl (2600 U/min) erreichte er mit 23 PS eine höhere Nominalleistung als der Typ 70.
Das Gewicht des Fahrgestells konnte bei ähnlichem Radstand um 20% verringert werden.
Gewicht war bis in die Fünfziger Jahre ein Merkmal für den Endpreis. Material war teurer als Arbeitslohn.
Fiat 501 - Version bis 1924 'Torpedo'
Der Fiat 501 wurde ab Werk in verschiedenen Karosserievarianten gebaut. Als Limousine, 3- und 4 türiger offener 'Torpedo', als Landaulet, Coupe mit offenem Fahrerplatz, als 2+1-Sitzer 'Spyder' und Coupe sowie, wie üblich, als Chassis für Aufbauhersteller.
1921 folgte die Variante Fiat 501 S mit höherer Leistung ( 26,5 PS bei 3000 U/min) als Torpedo und Spider.
In geringer Stückzahl wurde die Variante Fiat 501 SS
( Fiat 802 ) mit dohc Motor als Rennfahrzeug gebaut. ( 55-58 PS bei 4500 U/min )
1922 kam der neue 'Fiacre', der den Fiat Tipo 1T als Taxi und Lieferwagenchassis ablöste.
EIne Version 'Coloniale' wurde 1923 vorgestellt, mit 15 cm breiterer Spur ( wie Fiat 502, siehe unten) für mehr Stabilität auf schlechten Wegstrecken und verstärkten Fahrgestelldetails. Siehe Prospekte.
Ab 1923 war auf Wunsch ein 'All-Wetter-Verdeck' lieferbar, - siehe Prospekte.
1925 bekam der Fiat 501 Bremsen an den Vorderrädern, den Flachkühler und weitere technische Änderungen.
Mit Brennräumen nach Sytem Riccardo konnte nochmals eine höhere Nenndrehzal erreicht werden, so dass die Leistung auf 27 PS bei 3000 U/min anstieg.
Als Typ Fiat 501 B war er damit der Vorläufer des 1926 folgenden Fiat 503.
Fiat 501 B - Version ab 1925 mit Allwetter-Verdeck - Kar. Moderna
Mit ca. 70,000 Exemplaren aller Varianten in knapp 6 Jahren war der Fiat 501 für seine Zeit sehr erfolgreich am Markt.
Der Fiat 505 ähnelte dem Fiat Tipo 70 bzw Fiat 501. Mit 2,3 ltr und 33 PS sowie 900 kg Chassis-Gewicht lag er aber doch eine Stufe höher in der Typenhierachie.
Fiat 505 - Version vor 1925 - ca. 1921
Ab 1925 hatte der Fiat 505 den 'neuen' Flachkühler und Bremsen an den Vorderrädern.
Der Fiat 505 F war ein Lieferwagen bzw. Lieferwagenchassis.
Als Nachfolger des exportstarken Fiat Tipo 2 wurde auch der Fiat 505 in höheren Stückzahlen vornehmlich nach Australien und USA exportiert. - Das Werk Poughskeepie im Staat New York hatte Fiat 1919 an Duesenberg verkauft.
Insgesamt verließen über 11.000 Fiat 505 die Produktionshallen.
Der 6-Zylinder Fiat 510 ( Motor Typ 110 mit 3,5 ltr., 46 PS ) trat die Nachfolge der Fiat Tipo 3 und Tipo 4 an.
Diverse serienmäßige Aufbauten wurden angeboten und viele Chassis an diverse Karosseriebauer geliefert.
Die Version Fiat 510 S wurde von 1920 bis 1925 gebaut, der sportliche Fiat 6-Zylinder hatte kürzeren Radstand und einen stärkeren Motor mit 53 PS. Erkennbar ist der Fiat 510 S am Spitzkühler.
Ab 1924 wurdern die Fiat 510 S mit Voderradbremsen ausgestattet. Späte Exemplare scheinen auf Flachkühler zu haben.
Fiat 510 S - 'Torpedo' - 1920 - 1924
In 1925 wurde der 510 zum Typ Fiat 510 B, mit Flachkühler, Bremsen an den Vorderrädern ua. technischen Änderungen.
Die Absicht wieder ein Fahrzeug in der Oberklasse zu bauen, deren Kundschaft man in den vorigen 20 Jahren ja gut bedient hatte, wurde nach der Präsentation auf verschiedenen Messen und Austellungen kommentarlos beendet.
Der 'Superfiat' genannte Luxus-Fiat war technisch mit allem ausgestattet, was 1921 gut und möglich war.
V 12 Motor mit 6,8 ltr Hubraum und ca. 85 PS, Cantilever-Federn, mechanische Stoßdämpfern, hydraulische 4-Rad-Bremse und anderes - siehe Prospekt.
5 Exemplare wurden gebaut.
Die Rolle des großen Fiat übernehm der 6-Zylinder mit etwas kürzerem Radstand, der Fiat 519.
Mit einem vorgesehenem Preis von 80 zu 30 gegenüber dem 6-Zylinder Fiat 510, also das 2,5-fache, war die Zielgruppe für den 'Superfiat' 520 sehr klein .. 1921/22 ..
Als 'kleiner Bruder' des Superfiat vorgesehen, übernahm der Fiat 519 mit 6-Zylinder nach dem Bauverzicht des V12 die Rolle als Fiat Spitzenmodell.
Fiat 519 - Version 1922 - 1924
MIt 4,8 ltr. großem 6-Zylinder und 77 PS Leistung, hydraulischen 4-Rad-Bremsen und Stoßdämpfern war er technisch und leistungsmäßig auf dem Stand etablierter Konkurrenten der Luxusklasse und damit eine echte Alternative für potentielle Kunden repräsentativer, hochkomfortabler Autos.
Fiat 519 S
Die Variante 519 S (Sport) mit 30 cm kürzerem Radstand sprach die 'Selbstfahrer' an.
Anfangs hatte der 519 S einen Spitzkühler, es wurden sowohl offene Tourer als auch Limousinen gebaut.
Fiat 519 S - mit Spitzkühler - bis 1924
Fiat 519 B (Sport) und 519 L
1924 wurden die Fiat 519 technisch weiterntwickelt als 519 B mit 3,3 m Radstand und 519 L mit 3,6m Radstand, vertärktem Chassis und höherer Leistung ( 81 PS ) vorgestellt und von 1925 bis 1927 ausgeliefert. - In manchen Ländern wurde der Fiat 519 B, mit kurzem Radstand, weiterhin als 'Sport' angeboten.
Fiat 519 Limousine Version B - ab 1924
Fiat 519 C
Der 519 C 'Coloniale', für die Straßen in den afrikanischen Kolonien verstärkt und mit über 25 cm Bodensbstand, wurde ebenfalls 1925 vorgestellt.
Äußerlich unterschied er sich von anderen Typen durch den Flachkühler, den die anderen Fiat erst beim großen 'facelift' 1924/25 bekamen.
Fiat 519 Limousine Version A - 1922 - 1924
Fiat 519 - Torpedo - Version A
Fiat 519 - Kar. Farina - di S.A.R. Principe di Piemonte
Insgesamt wurden ca. 2500 Fiat 519 hergestellt, ein großer Teil wurde exportiert.
Der Fiat 502 war ein eine Ergänzung des Bauprogramms. Ein Fiat 501 mit 10 cm längerem Radstand und 15 cm breiterer Spur, für problematischere Strassenverhältnisse.
Ab 1924 gab es den Fiat 502 auf Wunsch mit Vorderrad-Bremsen.
Neben zahlreichen Aufbauten wurde der Fiat 502 auch als '502 Taxi' und '502 F" - Lieferwagen angeboten.
Wie beim Fiat 501 wurde auch für den Fiat 502 ab 1924 das 'Allwetter-Verdeck angeboten.
Von allen Varianten des Fiat 502 wurden ca. 7.100 Stück gebaut, viele gingen in den Export.